Der letzte Blogeintrag ist schon etwas her und es ist seit rund 2 Wochen überfällig, dass ich mich mal hinsetze und meine Notizen abtippe und vertextliche.

Ende November habe ich ja endlich eine Arbeitsstelle gefunden und seitdem bin ich jeden Tag mehr als beschäftigt und Abends komme ich meistens nicht vor 20 Uhr nach Hause und dann wird erst mal Abendbrot gegessen. Danach ist dann Erholung angesagt, soweit das halt möglich ist.

Am Wochenende, so sollte man meinen, hätte man ja Zeit, aber mit Frau und zwei Kindern ist selbst das nicht immer richtig. Außerdem muss auch irgendwann mal die Wohnung geputzt und aufgeräumt und sowie Lebensmittel eingekauft werden. Und auch sonst hat man ja noch oft weitere Pläne.

Nun, dann muss man halt die Zeit, die ich mit Pendeln jeden Tag verbringe, irgendwie besser nutzen - immerhin knapp 4 Stunden jeden Tag von Montag bis Freitag, für beide Wege zusammen.

Midori hat mir dafür sogar extra so ein USB WiFi Modem (WiMax) geschenkt und der erste Monat ist auch kostenlos (Normalpreis pro Monat: ca. 50 Euro), aber leider funktioniert das nur auf 1/4 der Strecke, weil der Rest der Strecke unterirdisch per U-Bahn ist und ich da keinen Empfang habe. Davon abgesehen hat man in der Bahn mit einem dicken MacBook (bei dem außerdem der Akku keine 15 Minuten mehr hält) keinen Platz, selbst wenn man einen Sitzplatz ergattert.

Ohne Scheiss, in einer Sardinenbüchse ist mehr Platz. Apropos Sitzplatz, ich kriege so gut wie immer einen, aber auch nur, weil der Bus und die Bahn halt immer genau von der Station starten wo ich auch einsteige - höhöhöhö - andernfalls dürfte ich die knapp 2stündige Fahrt für einen Weg stehend verbringen, eingequäscht zwischen Millionen von anderen Pendlern.

Ich habe zwar auch mein alten Thinkpad X60s, welches schon relativ schmal ist und wo der Akku auch noch recht gut vorhält (knapp 2 Stunden), aber selbst das macht keinen großen Spaß in der engen Bahn, weil es halt trotzdem noch zu groß ist. Vielleicht sollte ich mir bald mal so ein Netbook zulegen, oder ein iPad, wobei mir da wohl die Tastatur fehlen würde, glaube ich.

Naja, wie dem auch sei, hier mal kurz was in den letzten zwei, drei Wochen so angesagt war hier im Hause Kurashige-Gollub.

Wir waren im Fotostudio und haben uns professionell ablichten lassen. Das Ergebnis werden einige hoffentlich demnächst per Post erhalten, denn es ist jetzt die Zeit hier in Japan für die seasonalen Grüße per Postkarte, 年賀状 (nengajō) genannt, die jedes Jahr auf ein neues designet und verschickt wird. Das ist ein riesen Industriezweig hier, dass darf und sollte man nicht unterschätzen! Das geht sogar soweit, dass bei dem “kleinen Popelbahnhof” bei uns “auf dem Lande” vor dem Eingang jeden Abend, wenn die Leute von der Arbeit nach Hause kommen, Verkäufer mit ihrem Stand stehen und ihre Postkarten und Designs anpreisen und verkaufen.

Da nächstes Jahr das Jahr des Drachen ist, haben auch alle Karten dieses Thema als Motiv in der einen oder anderen Ausprägung.

Apropos Postkarten, Post und so weiter, dass bringt mich gleich zum nächsten Thema, nämlich Weihnachten. Für die Leute, die es nicht wissen, hier kurz wie Weihnachten und Silvester in Japan organisiert sind: sie sind das exakte Gegenteil zu den Tagen in Deutschland.

Was soll das jetzt wieder bedeuten? Ganz einfach. Zunächstmal ist Japan kein christliches Land (max. 1% der Bevölkerung sind Christen) und die Japaner haben den Weihnachtsbrauch nur aus Europa importiert, aber ohne die christlichen sowie heidnischen Bräuche, die damit verbunden sind. Und wenn ich sage “importiert”, dann meine ich sie haben hauptsächlich die kommerziellen Aspekte übernommen: Geschenke kaufen und verteilen, Weihnachtsschmuck und -gedöhns sowie Weihnachtsspecials von normalen Zeug verkaufen.

Davon abgesehen ist Weihnachten in Japan kein Familientag, sondern ein Tag für Singles und Paare, sich besser kennenzulernen oder auf ein erstes Date zu gehen. Dafür gibt es ebenfalls eine extra Industrie, die damit ordentlich Geschäfte machte. Ganz speziell ist hier der “japanische Weihnachtsbrauch” der Weihnachtstorte, welche eigentlich immer mit Erdbeeren verziert ist und daher auch “spezielle” Preise hat (auf Deutsch: überteuerter Süßkram). Laut Wikipedia soll diese Torte eine Art Geburtstagstorte für das Christkind darstellen. Naja. Ich kann mich damit noch nicht anfreunden.

Weihnachten ist außerdem kein (gesetzlicher) Feiertag, so wie in einigen Ländern Europas. Das ist hier ein ganz normaler Arbeitstag und würde der 24. dieses Jahr nicht zufällig auf einen Samstag fallen, sondern einen Werktag, dann müsste ich auch arbeiten gehen, die volle Stundenzahl, nicht nur den halben Tag wie in Deutschland. Genau dasselbe gilt für den 1. und 2. Weihnachtsfeiertag.

Und apropos Weihnachtsmärkte: gibt es hier auch, nur 1. sehr, sehr, sehr viel seltener und 2. sehr viel kleiner mit 3. sehr viel weniger Auswahl. Das heißt aber nicht, dass man als Deutscher auf seinen Glühwein und Bockwurst mit Senf verzichten muss. Hier in Tokyo, genauer in Roppongi gibt es jedes Jahr einen original deutschen Weihnachtsmarkt mit deutschem Bier und Glühwein und vielen weiteren Dingen, die einfach zu Weihnachten dazugehören (aber leider bei weitem nicht alle). Midori und ich wollen mal sehen, ob wir nicht diesen Samstag Nachmittag ein bisschen Zeit finden um dort mal vorbei zu schauen.

So in etwa läuft Weihnachten ab. Nun, wie sieht es dann mit Silvester aus? Tja, ich schrieb ja weiter oben, dass Japan das Gegenteil von Deutschland in diesem Falle ist. Silvester findet also nicht statt, oder anders gesagt, es gibt kein Feuerwerk, alles ist ruhig, sehr viele Leute, die normalerweise im Großraum Tokyo leben und arbeiten kehren heim auf’s Land zu ihren Eltern/Familienangehörigen, um mit ihnen den Jahreswechsel zu begehen. Entsprechend sind Inlandsflüge um die Zeit Weihnachtszeit bis kurz nach Neujahr auch noch mal extra teuer.

Der 31. Dezember hat in der japanischen Tradition eine besondere Bedeutung als Familientag und hat auch einen extra Namen: 大晦日 (Ōmisoka). Es ist, laut Wikipedia, der zweit-bedeutenste Feiertag im Jahr in Japan. Die Familie kommt zusammen, putzt und schrubt das Haus und ist dann gemeinsam zu Abend. Und ja, was da auf den Tisch kommt ist meistens ebenfalls traditionel und fest vorgeschrieben: Soba oder Udon Nudeln, ein bisschen Gemüse und optional Tempura (frittierte Speisen).

Ein Dinner For One gibt es im japanischen Fernsehen am 31. zwar nicht, aber dafür gibt es andere “traditionelle” Programme, z. B. Gesangswettbewerbe, Musikshows, etc.. Ich schau kaum Fernsehen, daher kann ich nicht viel mehr dazu schreiben.

Der 1. Januar ist dann die Zeit für das traditionelle japanische Neujahrsfest, auf japanisch お正月 (o-shōgatsu) genannt und ist der bedeutenste Feiertag in Japan (neben dem Geburtstag des Tenno (Kaiser), vermute ich mal). Auch hier gibt es ein spezielles Essen, die sogenannten お節 (osechi). Das sind spezielle Schachteln mit vorgefertigte Essen, nicht unähnlich einer Bento-Box. Diese osechi kommen aus der Tradition, dass es bis vor einigen hundert Jahren verboten war an den ersten drei Tagen im neuen Jahr zu kochen oder den Herd zu benutzen.

Auch ein sehr wichtiger Brauch ist das sogenannte 初詣 (hatsumōde), der erste Schrein (Shinto) oder Tempelbesuch (Buddhismus) im neuen Jahr. Wir waren 2010 in Otaru zum hatsumōde und da gibt es auch ein Bild von. :-)

Viele Leute gehen auch direkt um Mitternacht zum hatsumōde, also genau auf den Jahreswechsel, wenn wir in Deutschland anfangen zu böllern. Es gibt auch Schreine, die bereits einige Stunden vor dem Jahreswechsel mit anfangen ihre großen Glocken exakt 108 mal zu läuten, bevor es Mitternacht schlägt. Der 108. Glockenschlag fällt genau auf Mitternacht und läutet somit den Jahreswechsel wort-wörtlich ein.

Es gibt auch, so wie in Deutschland, entsprechende Grußformeln für den Jahreswechsel. Vor dem Neujahr sagt man 良いお年を - “yoi o-toshi wo” wobei das “wo” ein stimmloses “w” hat und daher nur “o” ausgesprochen wird. Es bedeutet einfach “Habe ein gutes Neues Jahr” und entspricht unserem “Guten Rutsch”. Ab Mitternacht sagt man dann 明けましておめでとう - “akemashite o-medetō”, was sich mit “Glückwunsch zum Auftakt des neuen Jahres” übersetzten lässt und einfach “Frohes Neues!” bedeutet.

So, soviel zu den aktuellen jahreszeitlichen Unterschieden zwischen Japan und Deutschland. Ihr solltet Stefan danken, denn er ist Schuld das ich das hier alles noch mal so aufschreiben musste. :-P

Was gibt es sonst so Neues? Nicht viel. Wir waren vor zwei oder drei Wochenende zusammen auf einem Matsuri (Festival) in Koshigaya (nächst größere Stadt) und dort durften Hikaru und ich echte nachgebaute Samurai-Rüstungen anlegen und zur Probe tragen. War ganz cool und ich werde demnächst zwei drei Bilder davon hier hochladen, wenn ich denn Zeit habe.

Wir haben zu dem Matsuri übrigens drei Kinder aus der Nachbarschaft mitgenommen, zuzüglich unserer eigenen zwei. Das war mehr oder weniger spontan, weil sie fragten ob sie mit dürften. Meine Frau kannte auch nur zwei von denen, das war also schon ein bisschen gewagt, aber wir sind heile mit fünf Kindern los und haben auch alle fünf wieder mit nach Hause bekommen. Ob es diesselben/diegleiche(?) fünf waren, keine Ahnung - bisschen Schwund is ja immer und ich kann nur für unsere eigenen Kinder die Hand ins Feuer legen.

Was noch? Hier ein paar Dinge, komplett unsortiert, die ich so notiert habe:

Mir ist neulich übrigens aufgefallen, dass es in dem Gebäude, in dem sich mein Büro befindet, eine Cocktail-Kneipe gibt. Die öffnet 1 Stunde nach Dienstschluss, also wenn ich mal Überstunden machen muss, dann weiss ich wo ich danach mal kurz vorbeischauen werde auf dem Weg zum Bahnhof (der übrigens keine Minute Fußmarsch entfernt ist vom Büro).

Omas im Zug spielen auf ihren Mobiltelefonen gerne mal Bomberman, um sich die Zeit zu vertreiben. Überhaupt sehe ich jede Menge älterer Herrschaften, die entweder mit einem alten Mobiltelefon, einem modernen iPhone/Android-Phone oder mit Nintendo DS bzw PSP im Zug sitzen und sich so während der langen und oft eintönigen Fahrt beschäftigen. Krassomat.

Wir waren vorletztes Wochenende auf einer 10km Wanderung durch einen Stadtteil Tokios. Die Wanderung wurde von einem lokalen Wander-/Walkingclub organisiert und 99% der Teilnehmer waren Rentner/Rentnerinnen. Ich glaube, ich war der jüngste Teilnehmer, unsere Kinder mal ausgenommen. Im Anschluß an die Wanderung gab es im Ziel eine leckere Suppe (habe den jap. Begriff dafür natürlich direkt wieder vergessen) und danach waren wir ein bisschen im angrenzenden Park spielen bevor wir zurück nach Hause gefahren sind. Den Abend haben wir dann in einem Onsen (heiße Quelle) verbracht, wo wir uns schön entspannen konnten nach den ganzen Aktivitäten zuvor.

So, das war es dann auch schon. Nächste Woche Freitag, den 23., geht es dann per Flieger ab nach Otaru auf Hokkaido (nordliche Insel Japans) zum Winterurlaub bei Midoris Eltern. Ab 26. oder 27. (kann mich gerade nicht erinnern) sind wir dann in Sapporo in einem Erlebnisbad und -hotel und kommen am 1. Januar zurück nach Matsubushi.

Da ich wei&szlig nicht ob ich dieses Jahr noch mal dazu komme einen Eintrag zu schreiben, daher wünsche ich euch jetzt schon mal ein frohes Fest und falls wir uns nicht mehr sehen/schreiben, auch einen guten Rutsch ins Neue Jahr.